DOMINIK: Die Geschichte der Gutschermühle, in der wir gerade sitzen, geht weit zurück. Hier werden täglich bis zu einer Million Müsliriegel produziert. Sie sind CleverClover-Founder und President, haben da in über 30 StartUps in Österreich, Holland und UK investiert, sind Managing-Director bei NEO1 & ehemaliger 2Minuten2Millionen-Investor. Sie sind in Österreich total bekannt und auch beliebt. Hätte sich der 18-jährige Heinrich Prokop gedacht, dass er mal da ist, wo Sie heute sind?

HEINRICH PROKOP: Nein. Auf keinen Fall. Je älter man wird, umso mehr merkt man, dass das Leben zum Teil auch von Zufällen – oder von Opportunitäten – bestimmt ist, die man sieht und nimmt, oder nicht nimmt. Und damit verändern sich wieder die Möglichkeiten und Opportunitäten. Mein Vater hat mir sehr früh gesagt: “Wenn du Möglichkeiten siehst, denk daran, jeden Tag verlassen viele Schiffe den Hafen und fahren irgendwo hin. Du musst daher nicht auf jedes Schiff aufsteigen, das wegfährt und das dir gefällt. Allerdings denk daran, dass irgendwann keine Schiffe mehr aus dem Hafen fahren!”. Und das zweite, das er mir gesagt hat – das Zitat ist wahrscheinlich nicht von ihm, aber er hat es mir gesagt. Und zwar: “Wenn am Bahnhof kein Zug abfährt und du wartest schon ziemlich lange darauf, dann bist du wahrscheinlich am falschen Bahnhof”. Und so wäre die Antwort auf Ihre Frage: Mit 18 habe ich erwartet, dass ich vielleicht irgendwann dieses Unternehmen (Anm.: Meint die Gutschermühle) übernehme, habe mich aber lange dagegen gesträubt, weil ich verschiedene andere Opportunitäten wahrnehmen wollte. Und ich hätte auch noch 2000 nicht gedacht, dass ich einmal hier sitzen werde – auch 2013 war ein Thema wie 2Minuten-2Millionen (Anm.: TV-Sendung) ganz weit weg. – Das kam so völlig out of the blue. – interessanterweise aber schon so, und das ist manchmal wirklich Schicksal: Ich war, nachdem ich sehr anglophil bin und England immer schon sehr nahe bei mir war, ganz ganz früh Fan von Dragon ́s-Den und hab mir das in England und über Satellit hier angeschaut, als es noch fast keine Empfangsmöglichkeiten in in Österreich gegeben hat und war fasziniert von der Show an sich – besonders auch von den Persönlichkeiten. Ich habe auch einen der Protagonisten, Peter Jones, persönlich getroffen. Und zwar weit bevor ich etwas mit 2Minuten-2Millionen zutun hatte – Einfach weil ich ihn von der Unternehmer-Persönlichkeit so faszinierend finde. Also in dem Sinne, um auf Ihre Frage zurückzukommen: Nein, ich hätte mir das nie gedacht.

Weil Sie eben davon sprachen: Glauben Sie an den Zufall oder denken Sie, dass alles Bestimmung ist?

Im Krimi gibt es die Aussage: “In murder there is no coincidences” . However, im Leben gibts jeden Tag viele Zufälle und aus diesen Zufällen kann man etwas machen oder eben auch nicht. Der Mensch ist ja von der frühesten Steinzeit quasi determiniert in allem und jedem ein Muster erkennen zu wollen. Du schaust in den Himmel und siehst einen Drachen, oder ein Herz, einfach weil es ein menschliches Mindset ist, dass man immer überall einen Sinn erkennen will. Das ist also wie der Sebelzahntiger im Gebüsch, den unsere Vorfahren erkennen mussten weil Sie sonst angegriffen wurden. – was ich damit meine ist dass man sich aus den Zufällen ggf. schon sein eigenes Muster „baut“ …

Einiges kannst du ja auch ein wenig mitbeeinflussen. Also zum Beispiel “ich habe zufällig jemanden getroffen auf einem Event, den ich lange nicht gesehen habe”. Naja, schon klar. Aber diesen Zufall habe ich ja ausgelöst, indem ich auf das Event gegangen bin. Wenn ich nicht hingegangen wäre, hätte ich ihn nicht getroffen. Aber ja, wenn man so will, auch meine Business-Partnerin in CleverClover habe ich zufällig getroffen. Sie hat mir bei einer Messe in Holland vor vielen Jahren einmal beim Stand-Aufbau geholfen als Koordinatorin als sie noch studiert hat – schon dort habe ich sie als taffe, spannende junge Frau kennengelernt das war natürlich Zufall – Also, es ist nicht alles vorbestimmt…

Es gibt ja schon viele, die das so sehen.

Ja eh, die sind sehr fatalistisch. Der Herr Dr. Haselsteiner hat einmal für StartUps und Unternehmer gesagt: “Du musst nicht unbedingt zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um erfolgreich zu werden. Es reicht schon, wenn du nicht zur falschen Zeit am falschen Ort bist”. Und das hat ja auch was. Also es gibt natürlich auch Menschen, die dann ständig falsch abbiegen – und das ist dann vielleicht auch deren Mindset, weil sie nicht in sich ruhen und nicht auf Sich sondern auf Ihr „Audience“ hören und immer allen alles Recht machen wollen – und das ist dann natürlich auch nichts.

Im Kindergarten-Alter zeichnen sich ja oft schon Charakterzüge ab, wo man dann zum Beispiel sagt: “Der Junge ist so ein Leader, der wird mal ein Firmen-Boss”. Gab´s sowas bei Ihnen auch?

Ja, das würde ich schon sagen. Also erstens war die Erziehung bei uns in der Familie schon immer sehr “you always have to be strong and tough“. Ich war immer relativ weit vorn und der klassische Klassensprecher- und der Schulsprecher-Typ. Wir waren auch jetzt retrospektiv in unserer „Gang“ nicht die nettesten und klar tut mir das jetzt hinterher auch ein wenig leid. Wir waren jetzt nicht „böse“ – Ich hab noch niemandem das Pausenbrot oder das Taschengeld weggenommen – Aber es war doch so “You shut up, we run the show”.

Sie kommen auch aus einer Unternehmer-Familie. Ihr Vater war Unternehmer, Ihre Mutter…

Ja, Vater, Mutter, Großvater…

Das heißt, Ihnen ist das absolute Unternehmertum vorgelebt worden?

Ja, Absolut.

Sonntags am Frühstückstisch: Thema Nr. 1: Unternehmertum…

Ganz genau.

Und Sie sagen ja auch, dass Sie in der Jugend schon sehr der Klassensprecher-Typ waren. Würden Sie das hauptsächlich auf Ihre Gene beziehen?

Ich denke, das ist eine Kombination aus Genen und Erziehung.

Muss man das Unternehmer-Gen im Blut haben, um ein guter Entrepreneur zu sein?

Das glaube ich schon. Du musst es nicht unbedingt im Blut haben, aber du musst – und da hat Leo Hillinger absolut recht –  eine gewisse Konsequenz in deinem Leben haben. Du musst dranbleiben können an dir selbst und an dem, was dir wichtig ist. Und deswegen sind ja auch oft, nicht unbedingt zwingend, aber oft Menschen mit sportlichem Hintergrund sehr zielorientiert um damit an etwas „dranzubleiben”. Das heißt jetzt nicht per se, das Sie gute Unternehmer sind, aber eine Konsequenz und eine Orientierung zu dem was du willst ist eine wichtige Voraussetzung für Erfolg. Das hat auch nichts damit zu tun, ob man aus einer Unternehmerfamilie kommt. Aber dieses “Schmeiß nicht gleich hin, gib nicht gleich auf”-Denken ist schon wichtig. Du musst zu dem stehen, was dir wichtig ist.

Ich frage da auch deshalb so nach, weil ja diese Kindheits- und Jugendzeit eine besonders prägende Zeit ist. Hat es da, abgesehen von Ihren Eltern irgendwelche externen Vorbilder gegeben. Vielleicht Unternehmer, zu denen Sie aufgeschaut haben? Vielleicht auch Lehrer…?

Jetzt hör ich mich wirklich an wie ein alter Mann, aber… Ich bin mit 9 Jahren in das Internat gekommen. Nach Wien. Das war damals eineinhalb Stunden Autofahrt nach Hause. Dann gab es auch nur einmal in der Woche einen Anruf und da konntest du 3 Minuten telefonieren – und da hörten auch nebenbei noch die Erzieher zu. Wenn man nicht „funktionierte“, konnten wir am Wochenende nicht nach Hause fahren. Also ich will damit sagen: Das war schon durchaus prägend. Mit 14 bin ich dann in eine andere Schule gekommen. Das war dann auch deutlich anders, deutlich freier. Hier habe ich mich sehr schnell umstellen müssen – und mich dann auch selbst mehr entwickelt. Vorbilder hatte ich interessanterweise nie in dem Sinne, dass ich genauso werden wollte wie jemand anderes. Aber natürlich haben mich manche Menschen fasziniert. Also mein Urgroßonkel mütterlicherseits war der Walter Palmers, der damals Palmers-Moden gegründet hat. Der hat mich unglaublich fasziniert. Und auch Bekannte meines Vaters, die erfolgreich waren. Maßgeblich prägend war auch mein Onkel – der Dr. Lutz Hötzl – Aber es war nicht so, dass ich jetzt genau so werden wollte, wie die.

Sie sagen, Sie sind mit 9 Jahren ins Internat gekommen. Das heißt, sie mussten wahnsinnig früh erwachsen werden…

Ja, schon sehr…

Haben Sie da nachhaltig etwas daraus gelernt? War das, retrospektiv, verlorene Zeit?

Mit meiner eigenen Tochter hätten wir das keinesfalls so geplant gehabt – dass wäre nicht in Frage gekommen – das ist einfach zu früh – speziell weil damit natürlich auch eine Trennung des Elternhauses einhergeht – du gibst dann dein Kind in die Obsorge fremder Menschen, die hoffentlich gutes im Sinn haben. Das war bei uns nicht immer so….

Hier hat sich viel geändert, dennoch würde ich ein 9-jähriges Kind nicht einem Fremden zur Erziehung überlassen. Mit 14 ist dann vielleicht schon was anderes. Aber nicht mit 9.

Ein paar Jahre später sind Sie nach Wien gegangen, als Erwachsener, und haben dort eine Ausbildung gemacht, was war das genau?

Genau, richtig. Da war ich am WWS – das gibt´s heute nicht mehr. Das war sowas wie die Vorstufe zur Fachhochschule – 5 Semester. Als ich dort abging – und das war ein richtiger Zufall, habe ich mich bei einem selbständiger Unternehmensberater mit dem Fokus auf das Baugewerbe beworben . Das Unternehmen hat klein – in typischer, damals unbekannter Diktion, als
„Startup“ begonnen und ich war als Assistent der Geschäftsleitung tätig. Das Unternehmen war im damaligen Umfeld seiner Zeit weit voraus – im Bereich Marktforschung im Bauwesen. Man hat eine Software entwickelt, die auf Basis der Baubewilligungen den Bedarf an Baustoffen auf Bezirksebene prognostizieren konnte. Anbieter konnten voraussehen, dass im nächsten Jahr im Bezirk 2000 Fenster gekauft werden müssten. Also eine tolle Idee – Besonders zur damaligen Zeit. Am Ende meiner Tätigkeit war das Unternehmen Marktführer – Mein „Mentor“ hat mich damals auch besonders positiv beeindruckt.

Das heißt Sie würden auch sagen, dass das weniger eine Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung war, sondern schon eher Mentorship.

Das war auf jeden Fall Mentorship – Mein Boss war ein klassischer Unternehmer in allen Belangen. Jemand, der sehr gut vermitteln konnte, was wichtig ist und was nicht.
Er hat mich auch am Erfolg des Unternehmens „mitgenommen“ – damals war ich ungefähr 20 Jahre – und hat mich auch ausgezeichnet bezahlt.

Aber natürlich wusste man auch am Ende des Tages warum…

Und Sie haben da hart arbeiten gelernt.

Ganz genau.

Und das ging dann so lange gut, bis Sie Ihr Vater vor eine große Entscheidung stellte.

Genau richtig. Der hat mitbekommen, dass mir das sehr gefällt.

Damit war er wahrscheinlich nicht glücklich…

Das war er nicht. Das hat ihm überhaupt nicht gepasst. Weil er natürlich gemerkt hat…

…dann wird das nix mit der Übernahme.

Genau, ja. Und dann hat er gesagt: “Entweder du gehst jetzt nach Deutschland und machst dort diese Schule für Mühlereitechnologie, oder du kannst dir das Unternehmen abschminken”. Und ich hab ihm noch gesagt: “Mach das doch alleine” und bin aber dann nach 3-4 Wochen ein bisschen zurückgerudert. Und habe aber gesagt “Nicht zu deinen Bedingungen”, weil dann hätte ich wieder meine 1000 Schilling im Monat bekommen.

Und Sie waren dann in Deutschland…

…Ich war dann in Deutschland. Braunschweig war zu der Zeit – wir reden hier über 1985 oder 1987 – in the middle of nowhere. Rechts war die DDR. Oben lange nichts und dann Holland. In der Nähe war noch Hannover. Hamburg war 3 Stunden mit dem Auto entfernt. Und von hier (Traismauer) mit dem Auto 10 Stunden bei Missachtung sämtlicher Vorschriften. Wenn ich daran denke kaum mehr vorstellbar – Mein Ziel war das so schnell und so gut wie nur irgendwie möglich abzuschließen.

Ich weiß jetzt nicht ob das stimmt, aber ich hab es in Erinnerung, dass ich dort der beste Österreicher seit vielen Jahren war.
Nicht unbedingt, weil mich der Lehrstoff interessierte, sondern eben um so rasch wie möglich wieder aus dem verschulten Bereich zu kommen. Und das war wirklich im Nachhinein gesehen “Alt-Control-Delete“ – Nach wenigen Jahren habe ich kaum mehr gewusst was ich da gelernt hatte – Außer von dem Teil, der mich interessierte, nämlich Cerealien-Produktion. Der Rest ist wirklich komplett weg. Und den habe ich auch offensichtlich proaktiv aus meinem Gehirn gelöscht…

Wie lange hat diese Schule gedauert?

Zweieinhalb Jahre.

Aber da muss ja riesiger Ehrgeiz dahinterstecken, wenn man eine Schule, die einen wenig interessiert, so stark abschließt.

Ja, das ist richtig. Aber der Ehrgeiz war mehrheitlich davon angespornt, dass ich einfach keine Prüfungen wiederholen wollte. Bei mir ist es dann auch immer so “ganz oder gar nicht“ und dann wollte ich halt einfach alles mit Bestnote abschließen. Das ist mir auch gelungen.

War das eine Uni, oder eine Fachhochschule?

Das war eine Fachhochschule.

Um 1990 herum?

Das muss früher gewesen sein, da gab´s ja noch die DDR. So um 1985 herum. Oder 1986.

Und als Sie die Fachhochschule verlassen haben, wo ging´s dann hin?

Ich bin dort sofort weg – Habe dann in München gearbeitet in einem Büro für technische Planung. Aber dort im Verkauf. Also quasi um das was ich gelernt habe, umzusetzen im Markt. Und denen auch ein wenig die Idee im Bereich B2B Marketing umzusetzen.

Zur gleichen Zeit hat mein Vater in der Gutschermühle begonnen, ein wenig Müsli zu produzieren. Er hat mich dann gerufen, anfangs war ich sehr skeptisch und er hat mich aber dann doch „überzeugt“.

Im Nachgang war das für mich sicher zu früh, ich hätte sicherlich noch einige Zeit draußen bleiben sollen. Mein Vater war auch ein sehr, sehr dominanter Typ und er hatte auch einen ganz anderen Führungs-Stil als ich.

Ein wenig später kam es dann zum Beitritt Österreichs zur europäischen Gemeinschaft – im Vorfeld habe ich zu meinem Vater gesagt: “Wenn du willst, dass ich das Unternehmen führe, dann nur jetzt! Und wenn ja dann ist das erste was ich mache, dass ich den klassischen Mühlenbetrieb einstellen werde!”.

Eine sehr sehr große Entscheidung!

Das war natürlich ein Wahnsinn!

Besonders wenn man bedenkt, dass die Historie der Mühle bis ins 12. Jahrhundert zurückgeht. Damals wurde eine Klostermühle zur Einlagerung des Hausbedarfs der Chorherren gebaut. Dann in 1866 wurde die erste Kunstmühle errichtet. 1900 war die Gutschermühle dann eine der führenden Mühlen in der Österreichisch-Ungarischen-Monarchie. Und dann kommt da auf einmal in 7. Generation der junge Heinrich Prokop und macht das Ding zu.

Das war schon ziemlich heftig. Weil da gab´s natürlich auch so Aussagen wie: “Wir haben die Türken, die Schweden, die Nazis und die Kommunisten überlebt und du willst nicht mal kämpfen”. Ich war damals der Meinung, dass das absolut keinen Sinn macht. Eben auch, weil ich aus Deutschland kam und wusste, welche Chancen im freien Wettbewerb eine Mühle unserer Größenordnung hatte. Und ich wollte die Substanz und das Geld des Unternehmens nicht in einen Kampf investieren, der nicht zu gewinnen war.

Und Sie mussten nicht lange überlegen? Für Sie war diese Entscheidung absolut klar?

Das war für mich klar. Für meinen Vater aber nicht.
Da gabs dann den berühmten Satz hier in diesem Büro, wo er aufgestanden ist und gesagt hat, dass er dieses Büro sein Leben lang nicht mehr betreten wird.
Und er hat dann die Tür zugemacht und ist gegangen- ein Jahr lang haben wir kein Wort miteinander gesprochen außer “Guten Morgen”. Das war sehr schwer – für uns beide…

Sie mussten auch wahrscheinlich – abgesehen von Ihrem Vater – gegen großen Widerstand ankämpfen, oder?

Jaja, sowieso- wir reden hier ja über 1994 oder so. Wann sind wir der EU beigetreten?

Das war 1995.

1995. Da ist von Müslifressern in Birkenstock-Sandalen geredet worden. Das sich das Unternehmen so entwickeln würde, konnte keiner – inklusive mir – wissen. Hier im „Dorf“ haben alle gemeint, ich bin nun völlig „verrückt“ geworden – über Generationen haben ja Bauern aus der ganzen Umgebung Ihr Getreide hier hergebracht. Bauern und Mühle – das ist ja eine Symbiose. Und denen dann zu sagen: Danke, das war´s. Da war ich nicht gerade „everybody`s darling“ im Dorf.

Der Umsatzeinbruch muss ja auch riesengroß gewesen sein.

Die Gutschermühle hat ungefähr 120 Millionen Schilling Umsatz gemacht damals und wir sind dann im ersten Jahr auf 20 Millionen gefallen.
Was machst du mit den Leuten? Und die Kosten, und und und.
Also das war damals echt… not funny!

Wie haben Sie dann den ersten Auftrag bekommen?

Das erinnert mich immer wieder beim zurückdenken an manche meiner StartUps. Wenn ich gewusst hätte, wie schwierig das wird, hätte ich mir in die klassischen „Hosen“ gemacht. Aber nachdem du das nicht weißt, denkst du dir, das geht schon irgendwie.

Wenn Sie mal hier durch die Firma gehen, dann finden Sie immer noch Tafeln, wo ich damals plakatiert habe “The worlds best cereal-bar producer”. Das habe ich echt geglaubt! Eine völlige Fehleinschätzung – Unsere Müsliriegel waren weit weg vom „worlds best“ – das wusste halt keiner und ich eben auch nicht.

Über bestehende Kontakte, die wir hatten, ist über 5 Ecken einer der großen Player zu uns gekommen. Man wollte für den kleinen Schweizer Markt einen Müsliriegel haben. Ihr eigenes Werk hatte aber deutlich zu hohe Mindestmengen – und so sind die dann zu uns gekommen.

Und das ist jetzt echt eine wahre Geschichte… sehr spannend: Das Team des damaligen Marktführers ist zu uns gekommen, man hat sich den Betrieb angesehen und wir haben ihnen einen Raum zur Verfügung gestellt. Und dann nach ungefähr 90 Minuten wollten sie sich mal unterhalten und haben sich in den Raum zurückgezogen.

Das Verdikt war ziemlich niederschmetternd – wir waren ganz weit weg von den notwendigen Anforderungen – der klassische „Eye-opener”. Man hatte damals ein internes Rating für Produzenten – 10 ist super – 0 ist halt nix. Und unser Initialrating war 4.

Mit der Hilfe des Partners haben wir es dann aber relativ schnell auf eine 7 geschafft und angefangen zu produzieren. Und der Marktverantwortliche von damals ist auch heute noch mein bester Freund, sitzt bei mir im Stiftungsrat, ist der Taufpate meiner Tochter und ich bin der von seinem Sohn. Wie das leben eben manchmal spielt.
Und das war dann der erste internationale Auftrag und mit dem konnte man dann natürlich auch proaktiv in den Verkauf gehen und sagen “Hey, wir produzieren für den global player, so schlecht können wir nicht sein!”. Und dann kamen fast alle anderen.

Das war dann also der absolute Durchbruch.

Genau. Dann gings sehr schnell.

Sie haben dann durch Zufall Ihre Business-Partnerin, Marloes Voermans, kennengelernt. Wie kams dann zur Idee, CleverClover (Anm.: Beteiligungsfirma) zu gründen?

Ich habe für die HACO-AG eine Aquisition durchgeführt in Holland. Wir haben eine Fabrik gekauft. Diese Aquisition habe ich geleitet und auch verantwortet. Ich war dann sehr häufig in Amsterdam und habe dort erstmals die Startup-Szene kennengelernt .

In unserer Privatstiftung haben wir einen Passus, dass 5% des Stiftungskapitals in Venture investiert werden können. Da dachte ich: So gut, oder so schlecht, wie die Banker kann ich es auch! Wir reden hier über das Jahr 2009 – StartUp`s in der jetzigen Form waren in Österreich kaum aktiv. Marloes nächster Karriereschritt hätte Sie nach London geführt. Sie wollte aber nicht und hat sich dann ebenfalls bei CleverClover beteiligt – danach haben wir unseren kleinen Venture-Fond gegründet und so ist es mit CleverClover eigentlich losgegangen.

Wie schon am Anfang gesagt: Aktuell sind Sie CEO der Gutschermühle, investieren bei CleverClover in StartUps, geben Ihr Wissen weiter. Sie haben eine tolle Business-Partnerin gefunden, und und und. Wo soll die Reise noch hingehen? Was sind die nächsten Steps?

Das ist eine sehr gute Frage! Das frage ich mich auch zurzeit auch sehr oft. What now? Das ist auch gerade ein wenig unser Thema, dass wir nie mit dem zufrieden sind, was wir erreicht haben. Also what now? Ich bin im Moment in einer Phase der Umorientierung. Ich verlasse den CEO-Posten in der Gutschermühle Ende dieses Jahres, werde als Consultant weiter für HACO-Gruppe tätig sein.

Für die nächsten Jahre ist Clever Clover bei REWE im Bereich des STARTUP-Tickets engagiert – ein tolles Accelerator-Projekt, das unglaublich erfolgreich ist.

And where do we go from there? Ich weiß es wirklich noch nicht. Es gibt vermehrt Tage in den ich zu oft im “roten Bereich“ laufe . Das ist dann auch nicht lustig. Das klingt jetzt vielleicht auch ein wenig überheblich – aber so jeden Tag 12-14 Stunden arbeiten, ohne Wochenende, ständig irgendwo unterwegs… das macht dich nicht rund!

Retrospektiv tun mir auch die letzten 3-4 Jahre leid, in denen ich meine Tochter und meine Frau oft sehr wenig gesehen habe, weniger als ich es gern gehabt hätte. Das ist der Preis, den du bezahlen musst. Würde ich ihn nochmal zahlen? Ich weiß es nicht. Aber man kann die Zeit eben nicht zurückholen.

Schauen wir, wenn wir in 2 Jahren nochmal reden, was dann ist. Im Moment bin ich durchaus zufrieden damit, die Lautstärke etwas runterzudrehen und das werde ich mit Sicherheit auch tun.

Daher ja auch meine Entscheidung, 2Minuten-2Millionen zu verlassen. Das hätte ich unmöglich weitermachen können. Michael Altrichter hat ja das selbe Thema mit StartUp300 – in einer noch ganz anderen Dimension.

Ich hätte dieses Engagement sowohl zeitlich, als auch geistig kaum mehr „drehen“ können.

Das ist wieder so ein englisches Zitat “There is a time in life for everything. And it was good as long as it lasted”